Rezension zum Buch "Rechtspopulismus vs. Klimaschutz?"
Sommer, B., Schad, M., Kadelke, P, Humpert, F., Möstl, C. (2022): Rechtspopulismus vs. Klimaschutz? Positionen, Einstellungen, Erklärungsansätze. München: oekom, 168 S., 25 EUR. ISBN: 978-96238-30-2
Ein „doppeltes Desiderat“ in der gegenwärtigen Forschung
Ausgangspunkt der Studie ist die Feststellung eines „doppelten Desiderats“ (Sommer et al. 2021: 62) in der gegenwärtigen Forschung: Einerseits erfahren die Phänomene des erstarkenden Rechtspopulismus sowie die wachsenden Herausforderungen der Klimakrise jeweils große Aufmerksamkeit, andererseits widmen sich nur wenige Studien dem möglichen Zusammenhang zwischen beiden Bereichen (vgl. Sommer et al. 2022: 13). Die leitende Forschungsfrage des Buches lautet daher: „Gibt es einen Zusammenhang zwischen den sich verschärfenden ökologischen Krisen wie der Klimakrise sowie den politischen Bestrebungen, diese einzudämmen, und dem Erstarken des Rechtspopulismus?“ (ebd.: 14). Mit ihrer Arbeit zielen die Autor*innen darauf ab, die genannte Forschungslücke zu schließen, da die Phänomene der Klimakrise sowie des (Rechts-)Populismus zwar häufig gesondert, jedoch selten einer gemeinsamen Beobachtung unterzogen werden. Damit lässt sich die Studie einer Reihe von Forschungen zuordnen, die sich aktuell mit den politischen Debatten und gesellschaftlichen Konsequenzen der sozial-ökologischen Transformation beschäftigten (vgl. u.a.: Blühdorn 2020; Gürtler et al. 2021; Ekberg et al. 2022; Eversberg 2023; Mau et al. 2023; Quent et al. 2022).
Um ihrer Fragestellung nachzugehen, verfolgen Sommer et al. ein dreifaches Forschungsinteresse. Erstens bieten sie einen umfassenden Überblick über die aktuelle Forschungsliteratur zu rechtspopulistischen Positionen und deren Verhältnis zu den Themen Umwelt- und Klimaschutz. Zweitens erweitern sie bestehende Studien um eine Sekundärdatenanalyse, die Korrelationen zwischen (rechts-)populistischen Einstellungen sowie Einstellungen zu Klima- und Umweltschutz in den Blick nimmt. Drittens formulieren sie basierend auf diesen Erkenntnissen sechs prägnante Thesen zum Umgang mit den Herausforderungen, die sich durch das Erstarken rechtspopulistischer Politiken für die sozial-ökologische Transformation ergeben. Diesem Forschungsinteresse gehen Sommer et al. in vier Kapiteln nach, die im Folgenden kurz zusammengefasst und kritisch gewürdigt werden.
Populismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus
Die Autor*innen führen zu Beginn strukturiert in gängige Definitionen der zentralen Begriffe Populismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ein und erörtern bestehende Erklärungsansätze für das Erstarken des (Rechts-)Populismus. Als Definition des Begriffes Populismus wird insbesondere diejenige von Cas Mudde und Rovira Kaltwasser herangezogen. Sommer et al. schließen sich dieser vielfach verwendeten Definition an und verstehen (Rechts-)Populismus folglich primär als Ideologie (vgl. Sommer et al. 2022: 30). Damit grenzen sie sich gegenüber Ansätzen ab, die Populismus dementgegen als politisch-strategisch charakterisieren (vgl. Weyland 2001). Mudde et al. definieren Populismus als „dünne Ideologie“, die primär auf einer moralisch aufgeladenen Gegenüberstellung von „Volk vs. Elite“ beruht (vgl. Mudde 2004: 543). Für Sommer et al. bietet sich diese Definition von Populismus an, da sie sich – trotz aller Kritik – als „anschluss- und diskursfähig“ (Sommer et al. 2022: 25) erwiesen hat, in seiner theoretischen Offenheit nicht auf spezifische parteiförmige Populismen reduziert und insbesondere den Exklusivitätsanspruch populistischer Akteure beleuchtet. Nach einem historischen Rückblick zum Aufstieg des Rechtspopulismus nehmen Sommer et al. eine Systematisierung aktueller Forschungsthesen vor, die den Versuch unternehmen, das Erstarken des Rechtspopulismus zu erklären. Sommer et al. unterscheiden fünf Erklärungsansätze: die Ökonomiethese, die Kulturthese, die Kontinuitätsthese und Einstellungsebene, Wandel im politischen Feld sowie synthetisierende Ansätze (vgl. ebd.: 33).
Der breit aufgestellte Überblick zu Konzepten, Geschichte und Erklärungsansätzen von Rechtspopulismus bietet nachvollziehbare und gut strukturierte Zusammenfassungen des mittlerweile großen Forschungsfeldes zu diesem Thema. Durch die systematische Unterteilung in fünf verschiedene Erklärungsthesen wird die Vielzahl an qualitativen, quantitativen und ideengeschichtlichen Studien überzeugend geordnet. Darüber hinaus wäre es spannend gewesen, neben der Rekonstruktion der Ansätze auch eine Einschätzung der Autor*innen zu lesen, welche Fragen offenbleiben.
Widersprüchliche Positionen im Rechtspopulismus zu Klima und Umwelt
Nachfolgend präsentieren Sommer et al. zentrale Positionen und Begründungsmuster im (Rechts-)Populismus zu Klima und Umwelt und fassen Erklärungsansätze aus der Forschung zusammen (vgl. ebd.: 33ff.). Hierbei greifen die Autor*innen auf Ergebnisse bereits bestehender Studien zu klima- und umweltpolitischen Aussagen institutionalisierter, rechtspopulistischer Parteien zurück. Auch in dieser Darstellung systematisieren die Autor*innen eine Fülle an Studien und unterscheiden zwischen verschiedenen Argumentationen innerhalb rechtspopulistischer Positionen. Diese erweisen sich insgesamt als vielschichtig und teils widersprüchlich: So zeigen die Autor*innen auf, dass einige rechtspopulistische Akteure den anthropogenen Klimawandel und den wissenschaftlichen Konsens dazu im Kern infrage stellen, während andere vorrangig Zweifel an den entsprechenden Umsetzungsstrategien zur Bekämpfung der Klimakrise haben. Klima-, Energie- und Umweltpolitik werde aus verschiedenen Gründen abgelehnt: diese sei sozial ungerecht, stelle ein „Elitenprojekt“ dar, schränke die individuelle und – sofern durch die EU vorangetrieben – auch die nationale Freiheit ein (vgl. ebd.: 62ff.). Als eher rechtsextreme Position, die teils aber auch von rechtspopulistischen Akteuren übernommen wird, nennen Sommer et al. das Narrativ, „Naturschutz als Heimatschutz“ zu begreifen. In dieser Argumentation ist die Ablehnung klimapolitischer Maßnahmen damit begründet, dass diese – wie beispielsweise die Errichtung von Windrädern – einer nationalistisch aufgeladenen Vorstellung von „Natur“ widerspreche und schade (vgl. ebd.: 72f.).
Als Erklärung dafür, warum rechtspopulistische Akteure Klima- und Umweltpolitik überwiegend ablehnend gegenüberstehen, präsentieren Sommer et al. unterschiedliche Aspekte (vgl. ebd.: 77ff.):
So gehen Teile der ausgewerteten Studien davon aus, dass es sich bei den beschriebenen Positionen zum einen um eine ideologisch begründete Ablehnung der Klima- und Umweltpolitik handelt, die mit der Parteizugehörigkeit und -sympathie einhergehe. Zum anderen wird die Ablehnung aber auch als strategisches Vorgehen charakterisiert: Rechtspopulist*innen machen ein ideologisches Angebot für die Betroffenen der Transformation und sichern sich mit ihrer Position ein Alleinstellungsmerkmal in der gegenwärtigen Parteienlandschaft in Deutschland. Zudem zeige sich im Einsatz für den Naturschutz ebenfalls eine strategische Motivation rechter Akteure, die „für die Natur“ gegen klimapolitische Maßnahmen mobilisieren können. Als weiteren Erklärungsansatz machen Sommer et al. in der bestehenden Forschung die These aus, dass sich in Klima- und Umweltschutzkonflikten milieubezogene Debatten um die Lebensführung kristallisieren. Daran anknüpfend werde in der Ablehnung von Klima- und Umweltpolitik außerdem ein Konflikt um die Verteidigung von Privilegien deutlich. Psychologisch ausgerichtete Studien führen rechtspopulistische Positionen zu Klima und Umwelt auf ein Hierarchiedenken und autoritäre Einstellungen zurück. Ansätze aus der Emotionsforschung interpretieren diese Positionen als eine Verarbeitung erfahrener oder befürchteter Verluste im Zuge der sozial-ökologischen Transformation (vgl. ebd.: 2022: 88).
Zusammenfassend konstatieren die Autor*innen, dass rechte Parteien von einer Klimawandelskepsis geprägt seien und dementsprechend Klima- und Umweltschutzpolitik i.d.R. ablehnen. Wenn man der Definition von (Rechts-)Populismus nach Cas Mudde folgt, ist das Fazit dieses Kapitel plausibel: Sommer et al. fassen zusammen, dass sich die Argumentationen der AfD gegen Klima- und Umweltschutzmaßnahmen primär als populistisch charakterisieren lassen, da sie sich im Kern auf die Gegenüberstellung von „Volk vs. Elite“ beziehen (vgl. ebd.: 76). Bereichernd wäre jedoch eine ausführlichere Begründung gewesen, warum die Narrative der AfD, die auf eine Pro-Volkssouveränität abspielen und einer Anti-Establishment Rhetorik folgen, lediglich als populistisch kategorisiert werden. Dies lässt die Frage offen, warum die deutlich nationalistisch geprägten Vorstellungen des „Volkes“ der in Teilen rechtsextremen AfD nicht ins Gewicht fallen, um diese Argumentationen als Teile einer rechten Ideologie zu klassifizieren.
Rechtspopulismus, Klima und Umwelt: Bevölkerungseinstellungen
Im vierten Kapitel kehren Sommer et al. auf die zentrale Forschungsfrage zurück und widmen sich einer detaillierten Sekundär-Datenanalyse von Klimaeinstellungen und (rechts-)populistischen Haltungen. Auf Grundlage der Daten des GESIS-Panels möchten die Autor*innen einen „ersten deskriptiven Überblick […] verschaffen, ob sich auf Bevölkerungsebene auffällige Verteilungen und Einstellungsmuster detektieren lassen und in welcher Größenordnung überhaupt Interaktionen [zwischen rechtspopulistischen Einstellungen und Einstellungen zu Umweltschutz und Klimawandel] zu beobachten sind“ (ebd.: 95).
Die Analyse der Umwelt- und Klimaeinstellungen ergab, dass ein Bewusstsein um die ökologische Krise bei der Mehrheit der Befragten vorliegt und dies auch mit einer Sorge um die Umwelt einhergeht. Klimawandelskeptizismus ist dagegen nur gering ausgeprägt (vgl. ebd.: 110). Wenn es um konkrete Maßnahmen zur Eindämmung von Umweltkrise und Klimawandel geht, sind die Aussagen weniger eindeutig:
„Auf die Frage etwa, ob höhere Steuern für den Umweltschutz akzeptabel sind, dreiteilt sich die Bevölkerung: ein Drittel affirmiert Steuererhöhungen, ein Drittel ist unschlüssig und ein Drittel lehnt sie ab. Dieses Muster dupliziert sich auch im Bereich der Energiewende: Zwar sind über 80 Prozent der Auffassung, dass die Zukunft in den erneuerbaren Energien liegt, gleichwohl befürchtet jede*r Zweite, dass die Energiewende den Industriestandort Deutschland gefährdet und nur jede*r Dritte sieht große Kraftwerke für eine sichere Stromversorgung als erlässlich an.“ (ebd.: 111)
An diese Zwischenergebnisse knüpft sich die Frage an, inwiefern populistische und rechtsideologische Komponenten Teil dieser Meinungsdifferenzen sind. Die Autor*innen unterscheiden zwischen Faktoren des Populismus (Anti-Establishment, Anti-Pluralismus, Pro-Volkssouveränität) und des Rechtspopulismus (Nativismus, Autoritarismus, Geschlechteraspekte, EU-Skeptizismus und Nationalstolz). Zwischen den Einstellungen zu Klima-/Umweltthemen und populistischen Einstellungen finden sich schwache Zusammenhänge:
„Je eher Personen populistische Haltungen teilen, desto geringer ist ihr ökologisches Krisenbewusstsein ausgeprägt; desto eher relativieren sie Sorgen um die Umwelt; desto niedriger ist die Bereitschaft für den Umweltschutz Verzicht zu üben; desto weniger dringlich wird die Problematik des Klimawandels eingeschätzt und desto skeptischer wird die Energiewende betrachtet.“ (ebd.: 113)
Ein ähnliches Muster findet sich bei den rechtsideologischen Einstellungen: Wer rechtsideologischen Aussagen tendenziell zustimmt, macht sich weniger Sorgen um Klima und Umwelt, hat ein schwächeres ökologisches Krisenbewusstsein und ist kritischer gegenüber Einschränkungen und Maßnahmen wie die Energiewende (vgl. ebd.: 117). Die gemessenen Zusammenhänge sind beim Rechtspopulismus zwar stärker als beim Populismus, jedoch weiterhin nur mittel bis schwach ausgeprägt. Ins Gewicht fallen vor allem die Faktoren EU-Skeptizismus und Nativismus. Die Autor*innen halten fest:
„Es lässt sich feststellen, dass sich Menschen mit populistischen Positionen und rechtsideologischen Haltungen in Bezug auf ihre Umwelt- und Klimawandeleinstellungen dahingehend unterscheiden, dass Menschen die populistische Ansichten teilen, kaum Zweifel an der Existenz einer bevorstehenden Umweltkrise oder des Klimawandels haben, sondern eher die politischen Maßnahmen kritisieren und tendenziell ablehnen. Menschen dagegen, die rechte Vorstellungen teilen, lehnen nicht nur praktische Nachhaltigkeitspolitiken in der Tendenz ab, sondern relativieren auch die Umweltkrise und den Klimawandel bzw. wünschen sich eine weniger prioritäre Behandlung dieses Themas.“ (ebd.: 122)
Damit zeigt die deskriptive Sekundärdatenanalyse ausführlich, dass und zu welchen Aspekten rechtspopulistische Einstellungen und Einstellungen zu Umwelt und Klima korrelieren.
Rechtspopulismus als Herausforderung für die sozial-ökologische Transformation
Grundsätzlich beobachten Sommer et al., dass der Großteil der rechtspopulistischen Akteure in Deutschland, aber auch international, klimawandelskeptisch sind und entsprechenden politischen Maßnahmen im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation folglich ablehnend gegenüberstehen. Durch die ausführlichen Analysen der Sekundärdaten kommen die Autor*innen zu dem Schluss, dass allerdings durchaus Disparitäten zwischen organisierten Rechtspopulist*innen und Einstellungen der Bevölkerung zu verzeichnen sind. So zeigt sich, dass die Anhänger*innen rechtspopulistischer Politik nicht zwangsläufig geschlossen hinter den angebotenen Narrativen zum Klimawandel stehen. Vielmehr richten sie ihren Protest und ihr Abwehrhaltung gegen konkrete politische Projekte konkreter Klimaschutzmaßnahmen. So leugnet die AfD offen den Klimawandel, während der Großteil der deutschen Bevölkerung dies nicht tut. Diese Disparität erklären die Autor*innen damit, dass organisierte Akteure des Rechtspopulismus populistische Argumentationen vor allem strategisch verwenden. Die Aneignung der Klima- und Umweltthematik durch rechtspopulistische Akteure sei dabei nicht zu unterschätzen und stelle eine Herausforderung für das Gelingen einer sozial-ökologischen Transformation dar: „Die Leugnung des anthropogenen Klimawandels sowie Ablehnung von Klima- und Umweltschutz ist zunehmend ein zentraler Bestandteil des zeitgenössischen Rechtspopulismus.“ (ebd.: 132f.) Wie dieser Herausforderung zu begegnen sei, stellen die Autor*innen zum Abschluss ihrer Studie vor.
Dazu reichern Sommer et al. bestehende Vorschläge zum Umgang mit Rechtspopulismus mit den Ergebnissen ihrer Studie an und formulieren sechs Thesen zum spezifischen Umgang mit Rechtspopulismus im Kontext der sozial-ökologischen Transformation und damit verbundenen Aspekten zu Klima und Umwelt.
Erstens plädieren die Autor*innen dafür, die sozialen und ökonomischen Auswirkungen von Klima- und Umweltpolitik ernst zu nehmen. Klima- und umweltpolitische Maßnahmen müssten unter Berücksichtigung der sozialen, räumlichen und wirtschaftlichen Ungleichheit vor Ort geplant werden, um (rechts-)populistischen Narrativen („Klimapolitik ist ein – urbanes – Eliten-Projekt und auf Kosten des Volkes“) entgegenzuwirken (vgl. ebd.: 136f.). Zweitens weisen Sommer et al. darauf hin, dass Debatten um konkrete Maßnahmen transparent geführt werden müssten, was einen positiven und re-politisierenden Effekt mit sich bringen könnte. Drittens plädieren sie dafür, partizipative Formate in der Transformationspolitik zu stärken, um Konflikten entgegenzuwirken. Dies könne im Rahmen von Bürgerbeteiligungsprozessen oder finanzieller Teilhabe an Transformationsprojekten geschehen (vgl. ebd.: 140). Viertenskönnten Parteien jenseits der AfD mit einer ausdifferenzierten Klima- und Umweltpolitik ihr politisches Profil in der sozial-ökologischen Transformation schärfen. Die Autor*innen betonen fünftens, dass es wichtig sei, am Wert von politischer Bildungsarbeit festzuhalten und diese auszuweiten. Dennoch müsste aber auch die begrenzte Wirkung solcher Programme einberechnet werden. Schlussendlich – sechstens – schlagen Sommer et al. vor, dass für das Gelingen einer sozial-ökologischen Transformation auch positive Zukunftsperspektiven nötig seien, die ein Gegengewicht zu rechtspopulistischen Angstszenarien darstellen können. Damit, und so enden die Autor*innen, sei sogar die Hoffnung verbunden, durch eine erfolgreiche soziale und ökologische Transformation dem Rechtspopulismus den „gesellschaftliche[n] ‚Nährboden‘“ (ebd.: 144) zu entziehen.
Welche Fragen bleiben offen?
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass sozioökonomische Merkmale in der Studie nur eine untergeordnete Rolle bei der Betrachtung von Bevölkerungseinstellungen in Bezug auf Rechtspopulismus, Klima und Umwelt spielen. Zwar betonen die Autor*innen, dass diese laut Berechnungen keinen erwähnenswerten Einfluss hätten, dennoch sei angemerkt, dass weitere Analysen in diesem Bereich mit Sicherheit von Bedeutung sein könnten – insbesondere da die Autor*innen in den abschließenden sechs Thesen dieses Thema aufgreifen und Sensibilität für die unterschiedlichen sozio-ökonomischen Belastungen in der sozial-ökologischen Transformation fordern.
Für nachfolgende Untersuchungen könnte zudem der Frage nachgegangen werden, inwiefern lokale Unterschiede innerhalb der Bundesrepublik in Bezug auf Klimaschutzpolitik bestehen. Insgesamt liefert die Monographie einen wichtigen und zentralen Überblick über die Auswirkungen rechtspopulistischer Tendenzen auf die sozial-ökologische Transformation in Deutschland. Durch die auf die gesamte Bundesrepublik fokussierte Betrachtungsweise zur Beantwortung der Forschungsfragen lassen sich jedoch wenige Aussagen über eventuelle Unterschiede auf lokaler Ebene sowie zwischen Ost- und Westdeutschland formulieren. Für künftige Forschungsarbeiten wäre es daher sinnvoll, an die Ergebnisse dieser Studie anzuknüpfen und diese zu erweitern.
Schluss
Das Buch richtet sich sowohl an eine akademische Leser*innenschaft als auch an zivilgesellschaftliche und politische Akteure, die den Wandel der sozial-ökologischen Transformation mitgestalten möchten. Während die Studie diesem Anspruch in weiten Teilen gerecht wird und grundlegende Begriffe wie Populismus ausführlich definiert, werden andere Fachbegriffe (z. B. Nativismus, Xenophobie) nicht erklärt. Die teilweise ausführlichen Rekonstruktionen verschiedener Erklärungsansätze könnten das Lesen erschweren. Bisweilen hätte eine klarere Einordnung und Positionierung durch die Autor*innen der Leserin mehr Orientierung in der Fülle an Studien und Erklärungsansätzen geboten. Dennoch liefern die systematischen Darstellungen einen fundierten Überblick und können als Nachschlagewerk dienen, insbesondere für zivilgesellschaftliche und politische Akteure. Der Zugänglichkeit für eine breitere Leser*innenschaft besonders zuträglich sind zudem die tabellarischen und graphischen Zusammenfassungen (vgl. z.B. S. 90).
Aufgrund der Tatsache, dass es bisher wenig Forschungsergebnisse in Bezug auf die Auswirkungen von Rechtspopulismus und Klimakrise gibt, stellt die Pilotstudie eine bedeutsame und dringend notwendige Weiterentwicklung des aktuellen Forschungsstandes dar. Die abschließenden Thesen bieten besonders vielfältige Handlungsperspektiven und unternehmen den Versuch, einen konstruktiven Umgang mit rechtspopulistischer Vereinnahmung von Klima- und Umweltthemen zu finden. Damit stellt die Studie einen hilfreichen Beitrag für das Verständnis von Klima- und Umwelteinstellungen im Zusammenhang mit Rechtspopulismus dar.
Blühdorn, I./Butzlaff, F./Deflorian, M./Hausknost, D./Mock, M. (2020): Nachhaltige Nicht-Nachhaltigkeit. Warum die ökologische Transformation der Gesellschaft nicht stattfindet. Bielefeld: transcript.
Gürtler, K./Staemmler, J./Luh, V. (2021): „Klimapolitik, Unsicherheit und Aufbruch. Strukturwandel als Gelegenheit für die Lausitz.“ In: Nanz, P./Lawrence, M./Renn, O./Meyer, J. (Hrsg.): Klimaschutz: Wissen und Handeln. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 171-184.
Ekberg, K./Forchtner, B./Hultman, M./Jylhä, K. (2022): Climate Obstruction. How Denial, Delay and Inaction are Heating the Planet. London: Routledge.
Eversberg, D. (2023): „Anpassung, Verteilung, Externalisierung. Drei Dimensionen des sozial-ökologischen Transformationskonflikts.“ In: PROKLA – Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, 210. Jg., Heft 53/1, S. 137-159.
Mau, S./Lux, T./Westheuser, L. (2023): Triggerpunkte: Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft. Berlin: Suhrkamp.
Mudde, C. (2004): “The Populist Zeitgeist.” In: Government and Opposition, 39. Jg., Heft 4, S.541-563.
Quent, M./Richter, C./ Salheiser, A. (2022): Klimarassismus. Der Kampf der Rechten gegen die ökologische Wende. München: Piper.
Sommer, B./Schad, M./Möstl, C./Humpert, F./Kadelke, P. (2021): „Rechtspopulismus als Desiderat der sozial-ökologischen Transformationsforschung.“ In: GAIA – Ecological Perspectives on Science and Society, 30. Jg. , S. 62–64.
Weyland, K. (2001): “Clarifying a Contested Concept: Populism in the Study of Latin American Politics.” In: Comparative Politics, 34. Jg, Heft 1, S. 1-22.
Ann-Katrin Kastberg (M.A.) und Dora Stanić (M.Sc.) arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für demokratische Kultur der Hochschule Magdeburg-Stendal in dem Forschungsprojekt „Rechtsextremismus in ökologischen Transformationsräumen: Diskursangebote, Resonanzwege und demokratische Alternativen (RIOET)“. RIOET untersucht, wie sich die Klimakrise in lokalen Transformationskontexten auf die politische Sozialisation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Ost- und Westdeutschland auswirkt. Das Projekt wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert und ist eine Kooperation mit der Hochschule Düsseldorf.